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Verlustvortrag - als Student:in die Steuererklärung abgeben

Bei einem Studium entstehen viele Kosten. Diese Studienkosten kannst Du durch einen Verlustvortrag geltend machen und somit Steuern sparen. Dafür musst Du nur eine Steuererklärung abgeben. Das geht auch als Student:in ohne Einkommen. Hier erfährst Du, wie Du vorgehst.


INHALT


Was ist ein Verlustvortrag?

Ein Studium ist oft mit hohen Kosten verbunden: Semesterbeiträge oder Studiengebühren werden fällig, und auch Auslandsaufenthalte, Fahrtkosten, Fachliteratur, Versicherungen und der neue Laptop gehen ins Geld. Zum Glück können viele Studierende ihre Studienkosten von der Steuer absetzen und als Werbungskosten steuerlich geltend machen. Wie funktioniert das?

Dafür brauchst Du nur eine Steuererklärung abzugeben. Darin teilst Du dem Finanzamt Deine Ausgaben für’s Studium mit. Wenn die Ausgaben höher sind als Deine Einnahmen, merkt sich das zuständige Finanzamt den Differenzbetrag als Verlust. Dieser Verlust wird ins nächste Jahr vorgetragen - daher der Name “Verlustvortrag” ( § 10d Abs. 2 Einkommensteuergesetz). Wenn Du im nächsten Jahr wieder höhere Werbungskosten als Einnahmen hast, werden Deine Verluste addiert. So kannst Du Deine gesamten Studienkosten als Verluste steuerlich geltend machen. Sie gelten als vorweggenommene Werbungskosten.

Sobald Du das erste Mal Steuern zahlst, werden die vorgetragenen Verluste aus Deinem Studium mit Deinen Einkünften verrechnet - so lange, bis Dein Verlustvortrag aufgebraucht ist. Berufseinsteiger:innen holen sich auf diesem Wege eine satte Steuerrückerstattung. Deshalb lohnt sich eine Steuererklärung als Student:in unbedingt!

Verlustvortrag: Erststudium, Zweitstudium & duales Studium

Ist ein Verlustvortrag beim Erststudium möglich?

Ein Verlustvortrag für das Erststudium ist nicht möglich, denn eine Erstausbildung wird steuerlich leider anders behandelt als eine Zweitausbildung (dazu mehr: Warum wird eine Erstausbildung steuerlich anders behandelt?). Die Kosten für die erste eigene Berufsausbildung kannst Du ausschließlich als Sonderausgaben geltend machen, und zwar in einer Höhe von maximal 6.000 Euro im Jahr. Sonderausgaben kannst Du nicht ins nächste Jahr vortragen, sondern nur in dem Jahr steuerlich absetzen, in dem sie entstehen.

Voraussetzung ist, dass Du Geld verdienst und im entsprechenden Steuerjahr Steuern zahlen musst. Das bedeutet, dass Du neben dem Studium auch Einkünfte erzielst, die über dem steuerlichen Grundfreibetrag liegen (2024 liegt er bei 11.784 Euro). Das kann zum Beispiel auf Werkstudent:innen zutreffen.

Ein Verlustvortrag für das Erststudium/die Erstausbildung ist nicht möglich. Die Kosten für eine Erstausbildung kannst Du ausschließlich als Sonderausgaben (bis zu 6.000 Euro pro Jahr) absetzen.

Was gilt als Erstausbildung?

Als Erstausbildung gilt nach § 9 Abs. 6 EStG Deine erste Berufsausbildung nach dem Schulabschluss, die

  • staatlich anerkannt ist
  • mindestens 12 Monate dauert
  • in Vollzeit stattfindet
  • mit einem Abschluss beendet wird

Hinweis: Wenn Du neben dem Studium mehr als 20 Stunden in der Woche arbeitest, giltst Du rechtlich nicht mehr als Vollzeitstudent:in. In den Semesterferien und an Wochenenden darfst Du mehr als 20 Stunden arbeiten, allerdings insgesamt maximal 26 Wochen im Jahr.

Beispiele für Erstausbildungen Keine Erstausbildung
Bachelor-Studium ohne vorherige abgeschlossene Berufsausbildung Kurse zur Berufsvorbereitung oder Berufsorientierung
Berufsausbildung (z.B. Kaufleute im Einzelhandel, Pflegefachkräfte, Tischler:innen etc.) Betriebspraktika
Erstes Staatsexamen Grundausbildung bei der Bundeswehr
Wechsel des Studiums ohne vorherigen Abschluss

Ist ein Verlustvortrag für die Zweitausbildung möglich?

Ja. Die Kosten für eine Zweitausbildung kannst Du unbegrenzt als Werbungskosten absetzen. Das bedeutet auch, dass die Ausbildungskosten als Verluste in andere Steuerjahre vor- oder zurückgetragen werden können. Für den Abzug als Werbungskosten ist es auch nicht notwendig, bereits Einnahmen zu erzielen. Du kannst sie mit früheren oder kommenden Einkünften verrechnen lassen und dadurch Steuern sparen.

Ein Verlustvortrag für das Zweitstudium/die Zweitausbildung ist möglich! Die Kosten kannst Du in voller Höhe als Werbungskosten in der Steuererklärung angeben.

Was gilt als Zweitausbildung?

Als Zweitausbildung gilt jede weitere berufliche Ausbildung, die nach dem erfolgreichen Abschluss der Erstausbildung erfolgt. Dazu gehören unter anderem:

  • ein Masterstudium
  • eine Lehre nach einem Bachelor-Studium
  • ein Bachelor-Studium nach einer Lehre
  • ein zweites Bachelorstudium
  • ein Promotionsstudium
  • eine zweite Berufsausbildung
  • das Referendariat bei angehenden Jurist:innen und Lehrkräften

Verlustvortrag beim dualen Studium

Beim dualen Studium gibt es eine Besonderheit: Auch, wenn es sich um ein Erststudium handelt, ist ein klarer Zusammenhang zwischen Studium und Arbeitsverhältnis gegeben. Deshalb können Studierende bei einem dualen Studium ihre Studienkosten immer als Werbungskosten geltend machen.

Bei einem dualen Studium ist ein Verlustvortrag ebenfalls möglich! Die Kosten können als Werbungskosten steuerlich geltend gemacht werden.

Wie stelle ich einen Antrag auf Verlustfeststellung?

Wer einen Verlust geltend machen will, stellt im Rahmen der Steuererklärung beim Finanzamt einen Antrag auf gesonderte Verlustfeststellung. Dafür machst Du ganz oben auf dem Mantelbogen Deiner Steuererklärung ein Häkchen bei “Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags”. Mit wundertax ist es noch einfacher: Die Steuer-App setzt das Häkchen anhand Deiner Angaben automatisch und führt Dich Schritt für Schritt durch Deine Steuererklärung.

Hauptvordruck ESt 1 A: Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags

Im Anschluss erhältst Du vom Finanzamt neben dem Einkommensteuerbescheid einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags. Bitte beachte: Wenn ein Verlust festgestellt wird, den Du in die folgenden Steuerjahre vortragen möchtest, bist Du in diesen Folgejahren zur Abgabe der Steuererklärung verpflichtet, und zwar so lange, bis Dein Verlust aufgebraucht ist.

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Wie lange kann ich einen Verlustvortrag geltend machen?

Wenn Du nicht zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet bist, kannst Du freiwillig eine Steuererklärung abgeben. Durch die Abgabe der Steuererklärung stellst Du einen Antrag auf Einkommensteuerveranlagung. Bei einer freiwilligen Steuererklärung gibt es keine Abgabefrist, sondern eine Festsetzungsfrist. Sie beträgt vier Jahre nach Ablauf eines Steuerjahres. Die Frist endet immer am 31. Dezember.

Anders als beim Antrag zur Einkommensteuerveranlagung ist der Antrag zur gesonderten Verlustfeststellung bis zu sieben Jahre rückwirkend möglich! Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 13. Januar 2015 festgelegt.

Voraussetzungen:

  1. Du hast für das entsprechende Steuerjahr noch keinen bestandskräftigen Steuerbescheid. Bei bestandskräftigem Steuerbescheid kannst Du für das entsprechende Jahr nachträglich keine Ausgaben mehr geltend machen.
  2. Du warst für das Steuerjahr, für das Du einen Verlust geltend machen willst, nicht zur Abgabe der Steuererklärung verpflichtet.

Einen Verlustvortrag können Studierende und Absolvent:innen bis zu sieben Jahre rückwirkend einreichen.

Um Deine Steuererklärung rückwirkend abzugeben, musst Du diese Fristen einhalten:

Steuerjahr Festsetzungsfrist für die freiwillige Steuererklärung Verjährungsfrist für die Verlustfeststellung
Steuerjahr 2017 abgelaufen 31. Dezember 2024
Steuerjahr 2018 abgelaufen 31. Dezember 2025
Steuerjahr 2019 abgelaufen 31. Dezember 2026
Steuerjahr 2020 31. Dezember 2024 31. Dezember 2027
Steuerjahr 2021 31. Dezember 2025 31. Dezember 2028
Steuerjahr 2022 31. Dezember 2026 31. Dezember 2029
Steuerjahr 2023 31. Dezember 2027 31. Dezember 2030

Verlustvortrag abgelehnt? So legst Du Einspruch ein

Leider kommt es aber immer wieder vor, dass Finanzämter die Bearbeitung einer Steuererklärung ablehnen, weil angeblich die Abgabefrist verpasst wurde. Dann bekommst du ein Schreiben mit etwa diesem Inhalt: “Eine Antragsveranlagung kommt nicht in Betracht, weil die Festsetzungsfrist von vier Jahren überschritten ist.”

Dann solltest Du innerhalb eines Monats nach Zugang des Schreibens Einspruch beim Finanzamt einlegen. Beziehe Dich im Einspruch auf das BFH-Urteil (siehe oben) und die siebenjährige Festsetzungsfrist für Verlustvorträge. In den meisten Fällen akzeptiert das Finanzamt Deinen Einspruch anstandslos.

Hier findest Du einen Muster-Einspruch.

Wann wird der Verlustvortrag eingelöst?

Der Verlustvortrag wird eingelöst, sobald erstmals Einnahmen vorliegen. Es spielt keine Rolle, ob die Einnahmen den steuerlichen Grundfreibetrag übersteigen. In den meisten Fällen wird der Verlustvortrag also eingelöst, wenn Absolvent:innen den ersten Job annehmen und Einkünfte erzielen. Das Finanzamt verrechnet Deine Einkünfte dann mit den vermerkten Verlusten aus den Vorjahren. Achtung: Dabei wird der Verlust direkt von Deinen Einkünften abgezogen und nicht erst vom zu versteuernden Einkommen. Das kann unter Umständen nachteilig sein. Schau Dir dazu unsere zweite Beispielrechnung an.

Verlustvortrag: zwei Beispielrechnungen

Positive Beispielrechnung

Du hast von 2020 bis 2022 ein Master-Studium an einer privaten Universität absolviert. Für jedes Jahr hast Du eine Steuererklärung mit Deinen Studienkosten abgegeben und immer auch einen Antrag auf gesonderte Verlustfeststellung gestellt. Das Finanzamt kommt zum Ergebnis, dass Du in den drei Jahren insgesamt 15.000 Euro Studienkosten angehäuft hast.

Anfang 2023 hast Du einen Job begonnen, der Dir im Jahr 40.000 Euro Gehalt einbringt. Dieses Einkommen gibst Du in Deiner Steuererklärung 2023 an. Deine vorgetragenen Verluste werden von Deinem Brutto-Einkommen abgezogen reduzieren erheblich Dein zu versteuerndes Einkommen. Du musst nur noch auf 25.000 Euro Einkommen Steuern zahlen. Auf diese Weise hast Du Dir Deine Studienkosten vom Staat zurückgeholt.

Negative Beispielrechnung

Es kann auch passieren, dass sich der Verlustvortrag nicht auswirkt. Nehmen wir an, das Finanzamt hat für Deine Zweitausbildung Verluste in Höhe von 5.000 Euro festgestellt. Direkt im Anschluss an das Studium beginnst Du im Oktober 2023 einen neuen Job. Dein Gehalt für Oktober bis Dezember 2023 beläuft sich auf 10.500 Euro.

Im Rahmen Deiner Steuererklärung 2023 zieht das Finanzamt Deine Verluste von Deinen Einkünften ab. Übrig bleiben 5.500 Euro, auf die keine Steuern fällig werden. Allerdings hättest Du bei einem Jahreseinkommen von 10.500 sowieso keine Steuern zahlen müssen, da Du mit diesem Jahresgehalt innerhalb des steuerfreien Grundfreibetrags liegst. Dein Verlustvortrag wurde in diesem Fall ohne steuerliche Auswirkung aufgebraucht.

Hinweis

Wenn Du erst spät im Jahr zu arbeiten anfängst, ist es möglich, dass Dein Verlustvortrag sich nicht merklich auf Deine fällige Einkommensteuer auswirkt.

Warum wird eine Erstausbildung steuerlich anders behandelt?

Jahrelang haben sich Gesetzgeber und Rechtsprechung darüber gestritten, ob die Kosten für eine Erstausbildung Werbungskosten sind. Der Bundesfinanzhof sah 2015 die Ungleichbehandlung zwischen Erst- und Zweitausbildung als verfassungswidrig an. Die abschließende Entscheidung darüber hat der BFH dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt. Das Bundesverfassungsgericht hat am 19.11.2019 ein enttäuschendes Urteil gefällt. Es bestätigt, dass Erstausbildungen nur beschränkt als Sonderausgaben abzugsfähig sind. Diese Ungleichbehandlung verstoße auch nicht gegen das Grundgesetz. Die Begründung ist nicht ganz leicht nachvollziehbar:

„Die Erstausbildung oder das Erststudium unmittelbar nach dem Schulabschluss vermittelt nicht nur Berufswissen, sondern prägt die Person in einem umfassenderen Sinne, indem sie die Möglichkeit bietet, sich seinen Begabungen und Fähigkeiten entsprechend zu entwickeln und allgemeine Kompetenzen zu erwerben, die nicht zwangsläufig für einen künftigen konkreten Beruf notwendig sind. Sie weist eine besondere Nähe zur Persönlichkeitsentwicklung auf.“

Hier kannst Du die Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichtes mitsamt Urteilsbegründung nachlesen.

Viele Bachelor-Absolvent:innen starten nach dem Abschluss ins Berufsleben. Das war auch eines der ursprünglichen Ziele der Bologna-Reform: Der Einstieg ins Berufsleben sollte vereinfacht und früher ermöglicht werden. Auch deshalb wurden Magister und Co. durch Bachelor- und Masterstudiengänge abgelöst. Laut Begründung des Bundesverfassungsgerichts habe das Bachelor-Studium allerdings keinen konkreten Zusammenhang zur anschließenden Berufstätigkeit - obwohl die Praxis das Gegenteil zeigt.

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